Holz auf dem Waldboden im Spessart
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Biosphärenregion Spessart: Die Angst der Holzrechtler

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Biosphärenregion Spessart: Die Sorgen der "Holzrechtler"

Die Forstrechte im Spessart sind eine alte Tradition. Bewohner bestimmter Gemeinden dürfen kostenlos Holz für den Eigenbedarf aus dem Wald entnehmen. Viele von ihnen sehen die geplante Spessart-Biosphärenregion kritisch: Sie fürchten um ihre Rechte.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Mainfranken am .

Dennis Roth ist mit Auto und Hänger auf den Waldwegen in Weibersbrunn im Landkreis Aschaffenburg unterwegs. Er steuert das Stück Wald an, das der zuständige Förster ihm zugewiesen hat. Hier darf der 27-Jährige für den Eigenbedarf kostenlos Holz entnehmen, das von den Bayerischen Staatsforsten bereitgelegt wurde. Möglich ist das an neun Tagen im Frühjahr und im Herbst. Es ist ein jahrhundertealtes verbrieftes Recht im Spessart, damals erteilt von den Adligen. Es gilt bis heute.

Dennis Roth steht vor Abschnitten von Buchenkronen. "Da sammelt man den ganzen Tag, bis man mehrere Hänger zusammen hat. Auseinandersägen, Ausasten und Aufladen, das ist harte Arbeit", erklärt Dennis Roth, "aber wir sparen damit Geld."

Tradition und das Recht auf kostenloses Holz: Darum fürchten viele der sogenannten Holzrechtler, sollte eine Unesco-Biosphärenregion im Spessart kommen. Konkret geht es um die Regeln in der Kernzone.

Angst vor den Regeln in der Kernzone

Die Kernzone macht drei Prozent der Gesamtfläche in einer Biosphäre aus. Hier darf der Mensch nicht in die Natur eingreifen. Vor allem Waldflächen im Hochspessart eignen sich für die Kernzone. Deswegen befürchten Bewohnerinnen und Bewohner in den Spessartgemeinden, dass sie ihr Forstrecht dort nicht mehr ausüben dürfen.

Dennis Roth berichtet, seine Familie sei wie viele in den Spessartdörfern zum Heizen auf Öl oder Holz angewiesen. Das bestätigt auch Walter Schreck (WBL), Bürgermeister von Weibersbrunn und Vorsitzender des Verbands der Spessartforst-Berechtigten. "Alleine in Weibersbrunn nutzen von 700 Haushalten knapp 100 die Forstrechte. Und die Nachfrage steigt stark." Das liegt nicht zuletzt an den gestiegenen Energiekosten in den vergangenen Jahren.

Kommunen stimmen derzeit ab

Im Moment sollen die Kommunen in den Landkreisen Main-Spessart, Miltenberg und Aschaffenburg darüber abstimmen, ob sie Teil einer Unesco-Biosphärenregion sein wollen und gegebenenfalls auch Fläche für die Kernzone einbringen wollen. Dabei tun sich einige Gemeinden – gerade dort, wo die Forstrechte ausgeübt werden – schwer, sagt der Weibersbrunner Bürgermeister Walter Schreck. Zumal noch nicht feststehe, wie die Zonen aufgeteilt sein werden.

Eine mögliche Lösung: Den Rechtlern andere Flächen zum Ausgleich zu geben, aus denen sie Holz entnehmen können. Dabei geht es den Holzrechtlern aber auch um die Distanz. Dennis Roth aus Weiberbrunn ist bereit, Umwege für sein kostenloses Holz in Kauf zu nehmen. Mehr als sechs Kilometer sollten es aber nicht sein, wie er sagt.

"Wir brauchen ein Gesamtkonzept für den Spessart"

Eine Biosphärenregion versteht sich als Modellregion für nachhaltiges Leben und Wirtschaften im Einklang mit der Natur. Deswegen hält Gerhard Stühler aus Schöllkrippen die Befürchtungen der Holzrechtler auch für unbegründet. Er setzt sich für einen Dialog und ein Gesamtkonzept für den Spessart ein, von dem jeder etwas hat.

Stühler kritisiert, dass Kommunen und Tourismusverbände im Spessart alle ihr eigenes Süppchen kochen würden und träumt von einem identitätsstiftenden Gesamtraum. "Jeder wünscht sich vom Spessart etwas anderes, von Wanderern bis hin zu Hotels, Unternehmen oder Mountainbikern oder aber die Holzrechtler, dafür braucht es ein Gesamtkonzept." Eine Biosphärenregion könne ein Teil davon sein, sagt Stühler.

Eine Machbarkeitsstudie, in Auftrag gegeben von den Gebietskörperschaften, bescheinigt große Chancen, spricht von neuen Impulsen für Bildung, Forschung, Wirtschaft und Tourismus. Am Ende werden die Kommunen das letzte Wort haben.

Luftaufnhame eines Waldstückes im Spessart.
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